Frauen als Gründerinnen 

Teil 2

Nachdem wir die Statistiken und Zahlen über Gründerinnen in Deutschland in unserem ersten Teil der Reihe 'Frauen als Gründerinnen' zusammengefasst haben, gibt es hier ein aktuelles interview mit Darya Kamkalova, Host des Podcasts ‘Venturing Women’.

Im ersten Teil unserer Forschungswerkstatt Serie 'Frauen als Gründerinnen' haben wir für euch Daten und Fakten gesammelt, jetzt wollten wir die Thematik noch aus erster Hand beleuchten.

Wir wollten die Unterschiede die Gründer und Gründerinnen unterscheiden, näher betrachten, und haben Darya Kamkalova, Host des Podcasts ‘Venturing Women’ um ein Interview gebeten. In ihrem Podcast spricht sie mit deutschen und europäischen Gründerinnen über ihre Geschichten, ihr Wissen, ihre Ängste, und ihre Ratschläge. Mit diesen Gesprächen will sie mehr Frauen dazu inspirieren, ihr eigenes Unternehmen aufzubauen.


Jimdo Forschungswerkstatt: "Warum sind Frauen als Gründerinnen in Deutschland immer noch unterrepräsentiert? Brauchen Frauen einfach mehr Mut?"


Darya Kamkalova: Brauchen Frauen mehr Mut, um ein Unternehmen zu gründen? Manchmal schon! Aber vor allem müssen Frauen das Unternehmertum und die Selbstständigkeit als Chance erkennen, als einen Weg, den sie gehen können. Um dies zu ermöglichen, müssen wir viele systemische Probleme angehen.


Welches sind die größten Hindernisse für Frauen, die Unternehmerin werden wollen? Gibt es einige Hürden, die sich von denen der Männer unterscheiden?


Frauen sind mit einer Reihe von Hürden konfrontiert, wenn sie ein Unternehmen gründen wollen. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind alle miteinander verknüpft:


  1. Das geschlechtsspezifische Lohngefälle und die Teilzeitbeschäftigung führen zur ungleichen Verteilung bei der Vermögensbildung. Das bedeutet, dass Frauen möglicherweise nicht genug Geld haben, um in ihr Unternehmen zu investieren oder ein vorübergehend niedrigeres Einkommen zu überbrücken.
  2. Zugang zu Unterstützungsnetzen und damit Zugang zu Fremdkapital. Nur wenige Freundinnen von Frauen sind selbständig. Und die meisten von ihnen werden wahrscheinlich weniger verdienen und sparen als ihre männlichen Partner. Daher wird eine angehende Unternehmerin nicht in der Lage sein, fachkundigen Rat einzuholen oder Kapital aus ihrem unmittelbaren Freundeskreis zu erhalten.
  3. Gesellschaftliche Erwartungen: Frauen übernehmen immer noch mehr familiäre Aufgaben als Männer, und es wird häufig erwartet, dass sie einen längeren Elternurlaub nehmen oder in Teilzeit arbeiten.
  4. Gesellschaftliche Vorurteile: Von Jungen und Männern wird erwartet, dass sie mutige Vorreiter sind, während Mädchen und Frauen dazu erzogen werden, liebenswürdige und bequeme Betreuerinnen zu sein, bestenfalls fleißige Vollstreckerinnen.
  5. Die Kinderbetreuung in Deutschland ist immer noch auf Stubenhocker ausgelegt, viele Kindergärten schließen um 15:00 Uhr.
  6. Es gibt keinen Mutterschaftsurlaub und eine schlechte Krankenversicherung für Unternehmerinnen in Deutschland. Es ist sicherer und viel lukrativer für Frauen, als Angestellte schwanger zu werden und Kinder zu bekommen, als als Unternehmerin.


Deine letzen beiden Punkte sprechen das Thema Famile und Kinder kriegen an - Kinder werden oft erwähnt, wenn es um die Gründung eines Unternehmens geht - aus deiner Erfahrung im Gespräch mit Frauen - hindern Kinder Frauen daran, ihr eigenes Unternehmen zu gründen, oder fördern sie es sogar (z. B. die Gründung eines Nebengewerbes zu Hause)?


Es sind nicht die Kinder per se, die Frauen davon abhalten, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Vielmehr sind es die ungleiche Verteilung der familiären Aufgaben, die Erwartung an Frauen, die Hauptpflegeperson zu sein, und eine mittelmäßige Kinderbetreuung. Gleichzeitig bieten Freiberufler und Kleinstunternehmen den Frauen flexible Arbeitszeiten und Chancen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.


Was wird in Deutschland benötigt, um weibliches Unternehmertum zu fördern?


Wir brauchen in Deutschland systematische Unterstützung aus der Politik und Änderungen in der Gesetzgebung, die das Gründen und das Unternehmertum für Frauen einfacher gestalten. Dazu gehört auch Parität bei der Kinderbetreeung und Elternzeit für Selbstständige. Frauen brauchen auch mehr sichtbare Vorbilder und die Bildung im Bereich Selbstständigkeit sollte besser auf Frauen ausgerichtet sein. Gründen soll attraktiv sein, nicht einschüchternd. 


Schließlich sollten Frauen den Sprung ins Unternehmertum wagen und Männer sollten die Ambitionen von Frauen unterstützen. Nur auf diese Weise können wir eine gerechtere und innovativere Welt schaffen.


Vielen Dank für das Gespräch!